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Geldanlagen in Kirche, Caritas und Diakonie

Zunehmend ökumenisch unterwegs
Am 2. September 2008 – zwei Wochen vor der Insolvenz der US-Investmentbank Lehman Brothers, die das globale Finanzsystem an den Rand des Zusammenbruchs brachte – erschien eine Zusammenstellung von Beiträgen zu „Stand und Perspektiven ethischen Investments in der evangelischen Kirche“, die eine der Keimzellen ethisch-nachhaltiger Standards für kirchliche Anleger darstellt.

Autoren
Dr. Karin Bassler, Geschäftsführerin des Arbeitskreises Kirchlicher Investoren (AKI)
Dr. Helge Wulsdorf, Leiter Nachhaltige Geldanlagen bei der Bank für Kirche und Caritas eG

Der Arbeitskreis Kirchlicher Investoren fördert seit 2008 die ethisch-nachhaltige Geldanlage im Bereich der evangelischen Kirche und Diakonie.

 

Zur selben Zeit formierte sich ein Arbeitskreis, dem große institutionelle Anleger im evangelischen Raum angehörten: Finanzverantwortliche der Landeskirchen, Versorgungs- und Zusatzversorgungskassen, Banken und Stiftungen.
Sie alle einte die Überzeugung, dass das Geld der Kirche unter Berücksichtigung christlicher Werte sicher und rentabel, aber gleichzeitig auch sozialverträglich, ökologisch und generationengerecht angelegt werden soll.

Während an den Finanzmärkten die neue Zeitrechnung „nach der Finanzkrise“ begann und die Folgen eines unregulierten und verantwortungslosen Strebens nach dem schnellen Geld immer deutlicher wurden, beauftragte der Rat der EKD diesen Kreis engagierter Finanzverantwortlicher damit, einen Leitfaden zum ethischen Investment zu erarbeiten. Im Januar 2009 traf sich der Arbeitskreis Kirchlicher Investoren (AKI) zu seiner ersten Sitzung und präsentierte 2011 den „Leitfaden für ethisch-nachhaltige Geldanlage“.

Der Leitfaden versteht sich bis heute als ein Kompendium von Standards von Kolleg*innen für Kolleg*innen im kirchlichen Finanzmanagement, der aber schnell über diesen Kreis hinaus auf größere Resonanz stieß. Das Heft 113 in der Reihe „EKD-Texte“ ist der am häufigsten abgerufene Text seit Beginn dieser Reihe im Jahr 1981. Damit ist der evangelische Leitfaden gemeinsam mit seinem katholischen Pendant gleichzeitig Ausdruck und Vehikel der Avantgarde-Position kirchlicher Investoren im Bereich verantwortlicher und nachhaltiger Geldanlagen in Deutschland. 2016 erschien die dritte Auflage des Leitfadens und die vierte ist bereits in Vorbereitung. Themen wie Klimastrategien für kirchliche Anleger und Anpassungen der Kriterien an neue Erkenntnisse machen regelmäßige Aktualisierungen durch den AKI erforderlich.

Im AKI sind inzwischen Vertreter*innen von 41 Mitglieder- und vier Partnerorganisationen aktiv; sie gestalten die Weiterentwicklung des Leitfadens und koordinieren Unternehmensdialoge.

Das Thema Kirche und Geld ist auch in der katholischen Kirche ein vieldiskutiertes. Mit seiner Aussage „Das Geld muss dienen und nicht regieren!“ hat Papst Franziskus zumindest der Kirche einen verantwortungsbewussten Umgang mit ihren Geldanlagen ins Stammbuch geschrieben. In der 2015 erschienenen Orientierungshilfe „Ethisch-nachhaltig investieren“ erläutern die Deutsche Bischofskonferenz und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken, wie Finanzverantwortliche kirchlicher Einrichtungen ebenso in ihren Investments die hohen ethischen Ansprüche der Kirche umsetzen können.

Gemeinsamer Nenner kirchlicher Investitionen ist es, so die Orientierungshilfe einleitend, kirchliche Aufgaben solide zu finanzieren und ihre Geldanlagen auf den Menschen – als Einzelperson, in der Gesellschaft und mit der Schöpfung – hin auszurichten.

Christlich-ethische Wertvorstellungen lassen sich in der Geldanlage anhand der drei Bausteine – oder wie es die evangelische Seite nennt, Instrumente – Ausschlusskriterien, Best-in-Class-Ansatz und Engagement umsetzen.
Die katholische Kirche stellt in ihrem Text zahlreiche Ausschlüsse für Unternehmen und Staaten zur Diskussion, die aus ihrer Sicht ethische Kontroversen darstellen. Diese reichen von Arbeits- und Menschenrechtsverletzungen über Korruption und Rüstung bis hin zu Atomenergie und grüner Gentechnik. Der Weg zum ethisch-nachhaltigen Investment lässt sich praktisch in sieben Schritten gehen, die in der Orientierungshilfe ausführlich beschrieben werden.

Auch wenn sich die Orientierungshilfe an Verantwortungsträger*innen in Kirche, Caritas, Hilfswerken und Ordensgemeinschaften wendet, gibt sie auch Privatkund*innen wichtige Impulse, wie man sein Geld vor dem Hintergrund einer christlichen Wertorientierung ethisch-nachhaltig anlegen kann. Für die beiden Kirchen gilt, dass sie in punkto Geldanlage ökumenisch auf einem guten Weg in Richtung Nachhaltigkeit sind.

Ein praktisches Beispiel veranschaulicht, was gemeinsames Vorgehen bewirken kann: In den Kirchen ist es unstrittig, dass der vom Menschen verursachte Klimawandel wesentlich auf fossile Brennstoffe zurückgeht. Insbesondere Kohle ist einer seiner Hauptverursacher. Der auch von kirchlichen Akteuren geforderte Ausstieg aus der Kohle, der seit der Weltklimakonferenz in Paris Ende 2015 nicht mehr verhallt, hat die evangelischen und katholischen Kirchenbanken in Abstimmung mit dem AKI dazu veranlasst sich dafür einzusetzen, dass ihre genossenschaftliche Zentralbank, die DZ-Bank AG, zukünftig keine Projektfinanzierung mehr für Kohlekraftwerke tätigt.

Über ein Jahr lang wurde in Briefen und Gesprächen mit den Verantwortlichen der DZ-Bank kritische Anfragen gestellt und Überzeugungsarbeit geleistet. Ergebnis war dann der Kohleausstieg pünktlich zum Klimagipfel in Bonn im November 2017.

Das gemeinsame Vorgehen ist ein Beispiel für eine gelungene Engagement-Aktivität: Das ökonomische und moralische Gewicht kirchlicher Akteure auf den Kapitalmärkten wird genutzt, um an der Lösung von globalen Problemen mitzuwirken.

Dieser Erfolg zeigt, dass gerade auf Nachhaltigkeit spezialisierte Finanzinstitute und Investoren, zu denen die Kirchenbanken seit Jahren zählen, Einfluss auf Unternehmen ausüben können und dadurch positive Wirkungseffekte für eine nachhaltige Entwicklung erzielen.

Auch wenn kleinere Geldanleger*innen solche Möglichkeiten nicht haben, so können sie sich doch als Kund*innen an ihre Bank wenden. Die Erfahrung zeigt, dass sie gerade in dieser Rolle sehr wohl gehört werden und gemeinsam etwas in Bewegung setzen können.

Ein Tipp ist darum, auch als Kirchengemeinde oder Privatperson mit meiner Bank zu reden und höflich aber hartnäckig die entscheidenden Fragen zu stellen: Was geschieht mit dem Geld, das ich anlege?

Welche Rolle spielt in diesem Haus Nachhaltigkeit im Kerngeschäft, in der Vergütung, in der Kreditvergabe, im Angebot von Anlageprodukten?

Kann ich über Fonds gezielt in Unternehmen investieren, denen an der Verbesserung von Arbeitsbedingungen in ihren Zulieferbetrieben liegt? Oder in Firmen, die Produkte herstellen, mit denen globale Probleme wie Klimawandel oder Wasserknappheit angegangen werden?

Auf diese Weise können alle die Verantwortung wahrnehmen, die damit einhergeht, dass ihnen das Geld gehört, das sie ihrer Bank anvertrauen. Denn gerade im Raum der Kirchen gilt auch für Finanzprodukte und Geldanlagen: Eigentum verpflichtet.

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